Thursday, February 17, 2011

Filmrezension: Dschungelkind

Das Buch "Dschungelkind" sorgte nach seinem Erscheinen für Aufsehen: Die Kindheitserinnerungen von Sabine Kuegler faszinierte Millionen von Lesern. Die Geschichte von einem Mädchen, das im Urwald von Papua Neuguienea aufwächst. Jetzt kommt der gleichnamige Film in die Kinos.

Sabine ist gerade einmal acht Jahre alt, als sie mit ihrer Mutter und ihren beiden Geschwistern nach West-Papua auswandert. Ihr Vater Thomas ist Sprachwissenschaftler. Er soll die Sprache der Fayu erforschen. Die Familie richtet sich ein im Dschungel. Vor allem die noch junge Sabine - gespielt von Stella Kunkat - taucht ein in das Leben im Busch, als hätte es für sie nie etwas anderes gegeben. Doch die Idylle ist trügerisch:

Filmzitat: "Was ist denn das? Das ist ein Kratzer. Solche Kratzer kenne ich nur von der Notaufnahme. Das war ein Messer, war nichts so gemeint. Umso schlimmer. Hier sind wir sicher. Das hier ist der neutrale Platz. Neutral? Wenn wir uns nicht einmischen, dann sind wir sicher.Das ist der Deal. Du, ich misch mich immer ein Klaus, das weißt du. Wir sind hier nicht in einen Stammeskrieg geraten? Nicht direkt."

Zusammenprall der Kulturen

Es braucht eine Weile, bis die Eltern Kuegler - gespielt von Nadja Uhl und Thomas Kretschmann- verstehen, worum es bei den kriegerischen Auseinandersetzungen geht. Eines ist offensichtlich: Liebe, Hass, Leben und Tod haben in diesem Teil der Welt eine andere Bedeutung als zuhause. Das habe sie gelehrt, offener zu denken, sagt Sabine Kuegler heute:

Filmzitat: "Wenn ich im Urwald geblieben wäre, dann wäre ich wahrscheinlich sehr kleinkariert. Aber wenn man beide Welten erlebt, dann ändert sich so vieles. Es hat mir auch gezeigt, dass man Menschen nicht verurteilen kann besonders Menschen von anderen Kulturen, und dass man sehr aufpassen muss, was man über andere Menschen denkt oder sagt."

Für den Zusammenprall der Kulturen findet Roland Suso Richter starke Bilder: Hier eine verwesenden Leiche am Wegesrand dort die Familie beim weihnachtlichen Blockflötenspiel in ihrer Robinson-Hütte eingerichtet im Ikea Stil.

Filmzitat: "Die Frage ist halt, ob unsere Kultur besser ist und uns dazu noch viel Stress verursacht weil wir es festhalten wollen, oder ist es die Erfüllung das Leben zu genießen in den Tag hineinzuleben. Beide Formen haben ihre Berechtigung."

Zwischen den Fronten

Die Ureinwohner stehen den weißen Eindringlingen erst skeptisch gegenüber. Doch Sabine ist offen und neugierig. Und so knüpft sie nach und nach Kontakt mit Gleichaltrigen. Aber als die Familie einen Jungen, der bei einer Auseinandersetzung zweier feindlicher Stämme schwer verletzt wird, bei sich aufnimmt, gerät sie zwischen die Fronten und selbst in Gefahr.

Filmzitat: "Mama, Papa, Mama mach die Tür auf... die Fayus kommen. Alle..."

Roland Suso Richters Film ist ein netter Familienfilm. Mit wunderbaren Bildern einer exotischen Welt und einer großartigen Stella Kunkat als junge Sabine. Am Ende wird der Film ohne Not unglaublich kitschig. Die 16-jährige Sabine kehrt zurück nach Deutschland. Und erlebt einen gewaltigen Kulturschock. Erst langsam gewöhnt sie sich wieder ein - ein Teil von ihr ist wohl im Urwald geblieben.


Source: www.ndr.de